Predigt von Erzpriester Sergey Baburin,
Hamburg, den 26. Oktober 2025
Zum 20. Sonntag nach Pfingsten
Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!
Unser Herr Jesus Christus verwendete, als er über die Erlösung des Menschen und
das Geheimnis des Reiches Gottes sprach, das in unsere Welt gekommen ist, einfachste,
für alle verständlichen Bilder, die jedem Zuhörer vertraut waren.
Heute haben wir das Gleichnis vom Sämann gehört. Das war ein Bild, das jedem
vertraut war: Ein Bauer geht über ein gepflügtes Feld und streut Samen aus. Und nun
schlägt der Herr vor, dieses verständliche Bild allegorisch zu verstehen. In der Parabel
ist der Sämann Jesus Christus selbst, und das Saatgut, das auf die Erde fällt, ist sein
göttliches Wort, das in die Herzen der Zuhörer fällt. Aber die Zuhörer wissen, dass nicht
jedes Korn keimt. So ist es auch hier – es ist ein Bild für den tragischen Prozess von
Entstehung und Verblassen des Glaubens in der menschlichen Seele.
Dieses Gleichnis wird vom Herrn selbst gedeutet. Er erklärt, was er genau gemeint
hat. Wenn wir die kurzen, aber tiefgründigen Worte Christi achtsam aufnehmen, können
wir über sie nachdenken und in ihnen uns selbst, unser Leben erkennen. Der Herr
spricht von drei Arten von Samen, die, obwohl sie Wurzeln geschlagen haben, aus
verschiedenen Gründen keine Frucht bringen. Daraus verstehen wir, dass man glauben
kann – aber der Glaube den Menschen nicht immer zur Erlösung führt. Lassen Sie uns
über diese drei Zustände des Glaubens nachdenken, die dem Menschen keine rettende
Verwandlung bringen.
Die ersten Samen fielen auf die Straße. Diese Körner haben sich nicht einmal
verwurzelt. Auf der Straße gehen und fahren Menschen und Fahrzeuge, Staub wirbelt
auf, Vögel picken alles auf, was auf der Oberfläche liegt. So ist es auch heute – das sind
Menschen ohne feste Überzeugungen, die leicht zu beeinflussen und zu beeindrucken
sind und ständig ihre Ansichten ändern. Ihre Gedanken werden von Bloggern,
Influencern und Nachrichtenströmen gesteuert. Sie sind abhängig von sozialen
Netzwerken, in denen das Bewusstsein des Menschen leicht zu manipulieren ist. Wie
kann ein solcher Mensch ein Jünger Christi werden, wenn er sich beherrschen lässt und
bereit ist, jederzeit seine gestrige Entscheidung zu widerrufen? Alles Gute, das in einer
solchen Seele entsteht, wird vom Teufel leicht herausgepickt und von seinen Dienern
geraubt.
Die zweite Art von Samen fiel auf felsigen Boden. Sie gingen schnell auf, weil die
Erde dort nicht tief ist, aber die Sonne verdorrte die Keimlinge, weil sie keine Wurzeln
hatten. Was ist die „Wurzel” eines Menschen, der sich entschlossen hat, Christus
nachzufolgen? Es ist die feste Entschlossenheit, ihm zu folgen. Der heilige Seraphim
von Sarow sagte, dass nur die Entschlossenheit den Menschen, der gerettet wird, von
dem unterscheidet, der verloren geht. Gerade die Entschlossenheit hilft, alle Prüfungen, Abkühlungen, Versuchungen und Schwierigkeiten zu bestehen, denen jeder, der dem
Herrn folgt, unweigerlich begegnen wird.
Und was sind das für Samen, die zwischen den Unkräutern liegen? Die heiligen
Väter bezeichnen menschliche Leidenschaften als Unkraut. Nicht umsonst werden
sündhafte Abhängigkeiten als Leidenschaften bezeichnet – vom Wort „Leiden”. Sie
saugen alle gesunden Kräfte der menschlichen Seele aus, machen, dass der Menschen
kaum noch lebendig ist und unfähig wird, Früchte zu tragen, und lassen ihn stark unter
der Leidenschaft leiden. Die heiligen Väter vergleichen das asketische Leben mit dem
Jäten eines Gemüsegartens. Sie sagen: Solange das Unkraut noch klein ist, reiß es aus.
Es ist nicht schwer, es mit der Wurzel auszureißen, solange diese Wurzel noch nicht tief
eingewachsen ist. Aber wenn es sich um eine Leidenschaft handelt, die sich bereits im
Menschen verwurzelt hat, dann wachsen sofort neue aus der Wurzel, egal wie viel
Unkraut man selbst ausreißt. Hier ist nicht mehr das Jäten und Ausreißen erforderlich.
Dies ist ein äußerst schmerzhafter Prozess, den nicht alle bewältigen können.
Das Bild eines auf gutem Boden verwurzelten Samens ist das Bild des Wunders,
das in der Seele eines gläubigen Menschen geschieht, der, nachdem er die Erde seines
Herzens gejätet, gedüngt und mit Tränen der Reue benetzt hat, den göttlichen Samen in
sich aufnimmt. Dieser Samen bringt eine kräftige Ähre hervor und bringt hundertfache
Frucht. Der Herr hilft nur demjenigen, der dies will, der entschlossen mit sich selbst um
sein wahres Ich ringt, der an dem Lärm und der Hektik dieser Welt vorbeigeht, ohne sich
umzudrehen, um das große Wunder der Verwandlung des Menschen zu vollbringen. So
wie das Samenkorn unbemerkt zu einem schönen Halm wird, so schenkt die Gnade
Gottes im Menschen neues Leben, neue Freude, die neue Erfahrung, dass Christus selbst
im Menschen gewachsen ist. Das ist das eich Gottes in uns.
Natürlich gibt es Ausnahmen. Ein kleiner Spross kann sogar Asphalt durchbrechen.
Manchmal wächst auf einer Brachfläche eine wunderschöne Pflanze. Es kommt vor,
dass sich auch unter Unkraut ein gutes Getreide durchkämpft. Aber das ist eine
besondere Fügung Gottes. Uns wird heute das Grundgesetz des spirituellen Lebens
gezeigt – das Zusammenwirken von menschlicher Arbeit und göttlicher Gnade.
Hilf uns, Herr, alle Versuchungen dieser Welt zu überwinden! Hilf uns, für die
Reinheit unseres Herzens zu kämpfen und es von zerstörerischen Leidenschaften zu
befreien! Hilf uns, Dir in allen Lebenslagen treu zu bleiben! Hilf uns, das rettende
göttliche Wort eifrig in uns aufzunehmen und die Keime des Glaubens behutsam zu
bewahren! Und hilf uns, Herr, Dir in Geduld die Früchte unseres Glaubens darzubringen.
Amen.
Erzpriester Sergej Baburin
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